Brunnenhof

In dem großartigen Ensemble des Brunnenhofs an der Basilika mit seinen kostbaren Türen und Skulpturen wird die Heilsgeschichte mit den Augen erfahrbar. Wer in den Hof kommt, den grüßt schon beim Eintreten ein Bild der Gottesmutter mit dem Jesuskind. Wenn er weitergeht, sieht der Betrachter, dass die beiden einem Engel zugeneigt sind, der ein Buch in den Händen hält.

Die Skulptur erinnert an die Bewahrung der Stadt Kevelaer im Zweiten Weltkrieg, insbesondere in der Nacht vom 2. auf den 3. März 1945.

Eine dramatische Geschichte:

Anfang März 1945 standen britische Soldaten bereits wenige Kilometer entfernt. Alles war für die Sprengung der Marienbasilika vorbereitet. Dabei kam es der deutschen Wehrmacht besonders auf den 93 Meter hohen Turm an, der als wichtiger Navigationspunkt für die britischen Bomber diente. Was außer Dechant Wilhelm Holtmann und sieben Eingeweihten niemand wusste: Die Basilika war zu diesem Zeitpunkt zur ‚heimlichen Gnadenkapelle’ geworden, denn unter dem Turm der Basilika lag das Gnadenbild der „Trösterin der Betrübten“ vergraben und eingemauert. Bei einer Sprengung hätte es für immer verloren gehen können.

Wehrmachtssoldaten hatten beim Zurückweichen vor den Alliierten bereits einige Kirchen am Niederrhein in Schutt und Asche gelegt. Auch die Männer der Kompanie des Pionier-Bataillons 180, von Zugführer Peter Staudt aus Aschaffenburg befehligt, hatten noch einen Auftrag auszuführen, nämlich „die Kirchen, Wasserturm und sonstige auffallende Punkte zur Sprengung vorzubereiten“. So bestätigte es Staudt später in einem Brief an Dechant Holtmann. Es ist nie geklärt worden, was letztlich verhindert hat, dass die Sprengsätze nicht angebracht und gezündet wurden. Viele Kevelaerer hatten vorher wochenlang in allabendlichen sogenannten „Sturmandachten“ um die Bewahrung unserer Stadt gebetet. So kann die Bewahrung des Gnadenbildes, der Basilika und des größten Teils der Stadt als Wunder angesehen werden, das auf die Fürsprache der „Trösterin der Betrübten“ geschehen ist.

Die Skulptur bringt dieses Wunder ins Bild. Sie zeigt Maria und das Jesuskind in deutlicher Ähnlichkeit zum Gnadenbild. Doch ist Maria nicht in klassischer Schönheit abgebildet. Gerresheim stellt die Gottesmutter vielmehr als die Frau dar, die gleichgeworden ist mit denen, die leiden und sich ihr zuwenden. Maria ist hier erkennbar als von den Wunden des Lebens gezeichnete. Sie wendet sich in liebevoller Fürbitte ihrem Sohn zu, der segnend seine Hand über die Gnadenkapelle und die Basilika ausbreitet. Im Saum des Gewandes der Madonna kann man unten das Datum der Bewahrung Kevelaers und ein zerbrochenes Hakenkreuz erkennen. So weist die Skulptur den Betrachter darauf hin, dass am Ende der Segen Gottes stärker ist als das Böse. Auch wir können mit dem Segen Gottes und unter dem Schutz Marias das Böse überwinden, das uns bedrängt. Hass, Gewalt und Tod haben in dieser Welt immer wieder unbegreiflich viel Macht. Doch stets nur für eine bestimmte Zeit. Hass, Gewalt und Tod haben nicht das letzte Wort.

So hält die Skulptur gleichzeitig die Erinnerung an alle unsere Verstorbenen wach. Maria und Jesus sind einem Engel zugewandt, der das „Buch des Lebens“ in seinen Händen hält. Das „Buch des Lebens“ ist ein Symbol aus der Heiligen Schrift. Es drückt aus, dass bei Gott die Namen aller gut aufgehoben sind, die auf ihn gebaut haben. Er schenkt ihnen das ewige Leben. So können alle an dieser Stelle ihrer Verstorbenen gedenken, sie der Fürbitte der Gottesmutter anempfehlen und in sich das Vertrauen stärken, dass Gott ihnen das ewige Leben schenkt.

Maria und der Engel – das ist auch wie eine Fortsetzung der Verkündigung des Engels in Nazareth vor 2000 Jahren: In der Ewigkeit meditieren die Gottesmutter und der Engel das Heil, das Jesus, der Sohn Gottes, in die Welt gebracht hat und bis zum Ende der Zeiten in der Welt wirkt. Und sie laden auch uns ein, dieses Heilswirken Gottes dankbar zu betrachten.